BKKÖ Positionspapier
Positionspapier zum Vorbehaltsbereich der Kinder- und Jugendlichenpflege
Positionspapier zum Vorbehaltsbereich der Kinder- und Jugendlichenpflege
Im §17 des GukG werden setting- und zielgruppenspezifische Spezialisierungen aufgezählt. Eine Spezialisierung ist laut §17 des GukG notwendig, sofern Kompetenzen über jene in den §§ 14 bis 16 des GuKG beschriebenen Aufgaben hinausgehend notwendig sind.
Für den Bereich der Kinder- und Jugendlichenpflege erscheint es nicht sinnvoll nur einzelne Vorbehaltstätigkeiten zu formulieren, sondern setting- und zielgruppenspezifische Anforderungen zu berücksichtigen.
Die notwendigen setting- und zielgruppenspezifischen Kompetenzen leiten sich aus den Bedürfnissen und Besonderheiten der Zielgruppe ab:
Interaktion mit dem Bezugssystem
Kinder und Jugendliche sind immer in einem familiären Kontext eingebettet. Professionelles Arbeiten in der Kinder- und Jugendlichenpflege setzt neben einem hohen Maß an Spezialwissen auch Einfühlungsvermögen in die Lebenswelt des Kindes/Jugendlichen und dessen Familien- und Bezugssystem voraus. Die Aufgabe der Pflege ist es, zusammen mit dem Kind/Jugendlichen, sowie dessen Angehörigen, die Möglichkeiten und Bedürfnisse (Ressourcen, Stressoren und Defizite) – in Orientierung am jeweiligen Kontext – zu erkennen und gemeinsam an dem Erreichen von Zielen zu arbeiten. (vgl. Curriculum Kinder- und Jugendlichenpflege, GÖG/ÖBIG, 2008).
Entwicklungsprozesse
Schnell verlaufende Entwicklungsprozesse kennzeichnen das Kindes- und Jugendalter. Entwicklung ist vielschichtig und betrifft Denken, Fühlen, Handeln und den Körper. Die Kinderund Jugendlichenpflege ist in ihrer Tätigkeit mit dem gesamten kindlichen Entwicklungsprozess konfrontiert. Pflege und Betreuung dient nicht nur dem „gesundpflegen“ sondern muss - als entwicklungsfördernde Pflege und Betreuung - den unterschiedlichen Alters- und Entwicklungsstufen so angepasst werden, dass die normale Entwicklung (körperlich, geistig, psychisch) störungsfrei bzw. zumindest störungsarm weiterlaufen kann (vgl. Holoch 2002).
Eine besonders geschulte Beobachtungsfähigkeit sowie fundiertes Wissen über kindliche Ausdrucksmöglichkeiten sind von größter Bedeutung, da Kinder nicht über die gleichen Ausdrucksmöglichkeiten verfügen wie Erwachsene.
Verletzlichkeit und Schutzbedürftigkeit
Entwicklung findet auch im Erwachsenenalter statt, Entwicklungsprozesse im Kindes- und
Jugendlichenalter verlaufen aber schneller und umfassen alle Aspekte, die das „Menschsein“
ausmachen. Entwicklungsprozesse im Kindesalter sind im Vergleich zum Erwachsenenalter
störungsanfälliger und haben weitreichende Folgen (vgl. Holoch, 2002).
Themen der Gesundheitsförderung/Gesundheitsberatung
Das Gesundheitsverhalten von Kindern und Jugendlichen hat wesentlichen Einfluss auf den Gesundheitszustand im Erwachsenenalter (z.B. Ernährung, Bewegung, Zahngesundheit,
Sucht). Zur Unterstützung von Familien mit Säuglingen/Kleinkindern mit Regulationsstörungen
(exzessives Schreien, Schlafstörungen, Fütter- und Gedeihstörungen, u.a.) ist ein vertieftes
Expertinnen- Expertenwissen Voraussetzung. Nur eine differenzierte Gesundheitsförderung und Beratung kann Schäden abwenden, die gesundheitliche Entwicklung positiv beeinflussen und die Gesundheitskompetenz stärken.
Auf Grund der besonderen Vulnerabilität der Zielgruppe und der daraus resultierenden Gefahrengeneigtheit bei der Aufgabenerfüllung im Rahmen der Gesundheits- und Krankenpflege ist in allen in den §§ 14 bis 16 aufgezählten Aufgaben eine Vertiefung des Fachwissens und somit eine Vertiefung der Handlungskompetenz auf Niveau 1 (laut Konzept GÖG/ÖBIG) notwendig. Bei der Durchführung der Maßnahmen ohne einer Vertiefung des Wissens im Fachbereich der Kinder- und Jugendlichenpflege, trägt der Berufsangehörige das volle Risiko der Einlassungs- und Übernahmefahrlässigkeit.
Eine Spezialisierung auf Niveau 2 ist für folgende Aufgabenbereiche notwendig:
- Erhebung und Feststellung des Pflegebedarfs bei Kindern und Jugendlichen und deren Familie und Bezugssystem
- Einschätzung des Pflegebedarfs bei Aufnahmen
- Erstellung von Pflegeplänen bei komplexen Fällen
- Organisation, Gestaltung und Steuerung des Pflegeprozesses während des stationären Aufenthaltes und im extramuralen Setting (Palliativ, Schulen, Familien, zu Hause, Wohngemeinschaften, u.v.m.)
- Planung von Aufnahmen und Entlassungen (Entlassungsmanagement)
- Einschätzung der Pflegesituation und Delegation von Aufgaben an Generalisten, Pflegefachassistenten und Pflegeassistenten
- Pflegevisiten und Fallbesprechungen inkl. Anpassung der Pflegepläne
- Anleitung und Beratung von Kindern und Jugendlichen mit chronischen Erkrankungen
sowie dessen Familie und Bezugssystem (Schulen, Einrichtungen)
- Fachlicher Leadership (Nurse Spezialist)
- Fachführung der Pflegegruppe und pflegerische Fallführung über die Zeitspanne der Betreuung
- Supervision von Generalisten, Pflegefachassistenten und Pflegeassistenten
- Steuerung der praktischen Ausbildung aller Pflegeberufe inkl. Beurteilung von Praktika
- Arbeit mit dem Familiensystem bezogen auf Gesundheitsverhalten, Krankheitsbewältigung, Selbstmanagement und Strategieentwicklung
- Steuerung des Transitionsprozesses
- Vertretung der fachlichen Expertise im interprofessionellen Setting
- Analyse, Evaluation, Sicherung und Entwicklung der Pflegequalität
- Erstellen von Leitlinien, SOP, usw.
- Mitarbeit und Leitung von Arbeitsgruppen
- Implementierung von Konzepten im Spezialbereich (z.B. NIDCAP®, Schmerzmanagement)
- Steuerung und Überwachung von Qualitäts- und Risikomanagement
- Mitwirkung in ethischen Beratungsprozessen
(vgl. GÖG/ÖBIG Konkretisierung der Reformansätze – Juni 2015, Aufgaben- und Kompetenzprofil
Generalistische Grundausbildung mit der Spezialisierung für KiJU-Pflege)
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